ARGEFA-Tagung zu einem kontroversen Thema

Die Regenbogenforelle und der Besatz der Regenbogenforelle ist unter den Fischerinnen und Fischern ein kontroverses Thema. An der ARGEFA-Tagung vom 3. November 2018 wurde das «heisse Thema» sachlich diskutiert und die verschiedenen Blickwinkeln dargelegt.

Der Schweizerische Fischerei-Verband hat laut Zentralpräsident Roberto Zanetti seine Position im Jahr 2011 in einem Faktenblatt festgehalten. Darin plädiert der SFV für eine sanfte Liberalisierung des heutigen Verbots – will heissen, für eine moderate Zulassung von Ausnahmestrecken, wenn für die Bachforelle kein Überleben möglich ist. «Auch, aber nicht nur, nach dem heissen Sommer müssen wir uns fragen, ob diese Position noch richtig ist», so Zanetti.
Der Druck aus Fischerkreisen steige, dass in stark beeinträchtigten Gewässern dank der vermehrten Zulassung der Regenbogenforelle Fischen möglich bleibe. Die vom SFV für die ARGEFA organisierte Tagung soll der Meinungsbildung dienen.

Das gilt in der Schweiz

Andreas Knutti vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) zeigt auf, «dass es den Fischen in der Schweiz nicht gut geht.» Das BAFU verfolgt eine klare Strategie: Lebensräume mit Renaturierungen aufwerten und Wanderhindernisse sanieren. Die Zulassung gebietsfremder Arten ist für das BAFU keine Alternative. Auf Antrag werde aber die Zulassung von gebietsfremden Fischen vom BAFU geprüft. Der Besatz von Regenbogenforellen könnte bewilligt werden, wenn keine Gefährdung von Fauna und Flora vorliege. Im Moment sei das bei 250 bis 300 Gewässern in der Schweiz der Fall. Wichtig: «Es handelt sich dabei um abgeschlossene Gewässerräume, meistens Bergseen.» Das ist laut Knutti die offizielle Haltung des BAFU und des Bundesrats, der sich in verschiedenen politischen Vorstössen so geäussert hat.
Gleichzeitig sprach Knutti aber auch von einer gewissen Flexibilität, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. «Ich verstehe die Interessen der Nutzer und signalisiere auch, dass wir jeden einzelnen Fall für Ausnahmen genau prüfen.» Aber – so Knutti – für eine generelle Liberalisierung bestehe kein Bedarf.

Wie "ausländisch" ist dieser Fisch?

Wie «fremd» ist denn überhaupt die Regenbogenforelle? Wie stark ist sie ein importierter Fremdkörper? Manuel Hinterhofer (A) und Ingo Kramer (D) sorgten in ihren Referaten für Klärung: Immerhin ist die Regenbogenforelle seit über 150 Jahren im Alpenraum präsent. Sie wurde 1882 von Kanada eingeführt. Als Fehleinschätzung gilt, dass sie sich gar nicht natürlich fortpflanzt. «Heute etwa ist sie in ganz Österreich verbreitet», so Hinterhofer. Von einer unmittelbaren Konkurrenz zwischen Regenbogenforelle und Bachforelle wollte Kramer nichts wissen. Das konnte bis heute in den Gewässern Baden-Württembergs nicht nachgewiesen werden. Er betont aber, dass Regenbogenforellenbesatz kein Heilmittel gegen Klimawandel und verbaute Gewässer sei. Einzig richtig angewandte Gewässerrenaturierungen bringen fischökologisch eine Verbesserung.

Gelassen beurteilte Sebastian Hanfland (Bayern) die Situation unter dem Aspekt der EU-Biodiversitätsstrategie: «Der Besatz mit fremden Arten wie der Regenbogenfo-relle ist weniger schlimm als Besatz mit einheimischen Arten unterschiedlicher Stämme.»

Grosse Unterschiede in den Alpenländern

Rainer Kühnis (Fürstentum Liechtenstein), Ingo Kramer (Baden-Württemberg), Sebastian Hanfland (Bayern) und Manuel Hinterhofer (Österreich) erläuterten den unterschiedlichen Umgang ihrer Länder mit der Regenbogenforelle. So restriktiv wie die Schweiz ist nur Baden-Württemberg. Wie in der Schweiz ist der Besatz mit Regenbogenforellen auch in diesem Bundesland «ein heisses Thema», wie Kramer sagte.

Seit langem geduldet

Während Liechtenstein seit Jahrzehnten konsequent auf Renaturierungen setzt, die Regenbogenforelle aber unaufgeregt geduldet wird, indes auf den Besatz verzichtet, ist die Praxis in Bayern sehr pragmatisch: «Die negativen Umweltauswirkugen erachten wir als gering», so Hanfland. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung habe man bisher in Bayern nicht nachweisen können, dass Regenbogenforellen die einheimischen Bachforellen und Äschen verdrängen. Der Verzicht auf den Besatz mit Regenbogenforellen in gewissen Flussabschnitten würde die Fischerei schlicht unattraktiv machen. Und wenn nicht gefischt werden könne, falle auch das Hegen und Pflegen durch die Vereine weg.

In Österreich ist die Regenbogenforelle mehr oder weniger im ganzen Land vertreten, wobei einzelne Bundesländer den Besatz regulieren.

Gewisse Liberalisierung

In der anschliessenden Podiumsdiskussion zeigten sich deutlich die Chancen und Gefahren. Auf der einen Seite ist der Besatz ein gewisser Eingriff in die autonome Natur. Auf der andern Seite dauert die Integration der Regenbogenforelle zum Teil seit Generationen an, ohne dass nachweisliche Nachteile festgestellt werden konnten.

Für die aktiven Fischerinnen und Fischer und ihre Vereine stellt sich die Frage, wie lange unter den Auswirkungen der Klimaprobleme noch genügend Fische in den Flüssen und Seen sein werden. «Vielleicht müssen wir da tatsächlich eine gewisse Liberalisierung anstreben, um die Fischereivereine am Leben zu erhal-ten», meinte ein besonnener Votant aus dem Publikum.