Sozio-ökonomische Studie zur Angelfischerei in der Schweiz

Angeln erfreut sich in der Schweiz ungebrochener Beliebtheit und ist auch wirtschaftlich von Bedeutung. Dies zeigt eine Umfrage von gfs Bern im Auftrag des Schweizerischen Fischereiverbandes SFV. Die aktiven Fischerinnen und Fischer geben jährlich im Durchschnitt 2124 Franken aus. Dazu kommen durchschnittlich rund zwei Stunden Freiwilligenarbeit pro Woche und Person. Erholung und Entspannung sowie das Naturerlebnis stehen bei der Ausübung des Hobbys an vorderster Stelle. Die Fischerinnen und Fischer machen sich insbesondere Sorgen um die Qualität der Gewässer und wünschen sich vom SFV mehr politisches Engagement zur Verbesserung der Situation. Neuen technologischen Möglichkeiten gegenüber sind sie aufgeschlossen. Das Bild der Fischerinnen und Fischer bei der nicht-fischenden Bevölkerung ist sehr positiv.

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Zusammenfassung:

Die Hobby-Fischerei in der Schweiz ist ein beträchtlicher Wirtschaftsfaktor und trägt dank Freiwilligenarbeit massgeblich zum Gemeinwohl bei. Im Durchschnitt geben die Fischerinnen und Fischer für Ihr Hobby jährlich 2124 Franken aus. Darin enthalten sind Ausgaben für Ausrüstung (730 Fr.), Angelpatente (343 Fr.), Reisekosten (514 Fr.), Verpflegung (246 Fr.) und Übernachtungen (292 Fr.). Hochgerechnet auf alle 100‘000 Personen in der Schweiz, die regelmässig fischen (also in der Regel ein Jahres- oder ein Monatspatent lösen) ergibt dies jährliche Ausgaben von 212 Millionen Franken. Angelferien sind verbreitet (44%), rund ein Zehntel verbringt diese nur in der Schweiz und jeder Fünfte geht dafür nur ins Ausland. Die beliebtesten Ziele in der Schweiz sind Graubünden, Bern und Obwalden. Die beliebtesten Destinationen im Ausland sind Österreich, Deutschland und Schweden.

Die geleistete Freiwilligenarbeit zugunsten der Fischbestände, der Gewässer und der Natur ist ebenfalls eindrücklich: Die Fischerinnen und Fischer leisten pro Person und Woche im Durchschnitt zwei Stunden freiwillige Arbeit oder hochgerechnet 200‘000 Stunden im Jahr. Sie sind im gesamtschweizerischen Vergleich gut mobilisiert, 35 Prozent engagieren sich freiwillig. Im Jahr 2014 lag der Wert für die ganze Schweiz bei rund einem Viertel. Am engagiertesten sind Befragte aus der Deutschschweiz und über 65-Jährige.

Diese Resultate entstammen einer repräsentativen Umfrage bei 1429 aktiven Fischern (95% Männer und 5% Frauen), die das Forschungsinstitut gfs Bern Ende 2017 im Auftrag des Schweizerischen Fischereiverbandes befragt hat. Ausgewählt wurden im Netzwerk Anglerausbildung registrierte Personen sowie Abonnenten des Fischerei-Fachmagazins „Petri Heil“. Der SFV hat im Jahr 1999 eine ähnliche erste Umfrage durchgeführt. Unverändert gegenüber der letzten Umfrage ist der Umstand, dass die Begeisterung für den Angelsport wird in der Jugend geweckt wird. Eine Mehrheit der befragten Anglerinnen und Angler beginnt unter 12 Jahren mit dem Fischen. Das Interesse wird dabei hauptsächlich innerhalb des Familien- und Bekanntenkreises weitergegeben. Jeder Zweite hat aber einmal längere Zeit mit dem Fischen aufgehört. Gründe dafür sind Zeitmangel sowie familiäre und berufliche Verpflichtungen. Wie schon 1999 gaben die Befragten auch dieses Mal Erholung sowie das Naturerlebnis als zentrale Motivation beim Fischen an.

Eine Mehrheit (54%) ist aktuell nicht in einem Fischereiverein organisiert. Vereine sprechen eher ältere Personen an, ein Drittel der Fischer unter 40 Jahren ist jedoch Mitglied. Kameradschaft und einen Beitrag zum Umwelt- und Gewässerschutz zu leisten sind Hauptmotive für eine Mitgliedschaft.

Seen und Flüsse sind die beliebtesten Gewässer für den Angelsport in der Schweiz, Bergseen sind als Ziel nur für ein gutes Drittel interessant. Grund- und Zapfenfischen sind die beliebtesten Techniken. Im Schnitt gehen die Befragten an rund 34 Tagen pro Jahr angeln. Mitglieder in Fischereivereinen und Personen, die Freiwilligenarbeit im Bereich Gewässer- und Umweltschutz leisten, sind aktiver.

Die Anglerinnen und Angler besitzen mehrheitlich ein Jahrespatent in einem Kanton. Angelausflüge von mehr als zwei Tagen Dauer werden durchschnittlich ein- bis zweimal im Jahr unternommen. Das bevorzugte Transportmittel ist das eigene Auto.

Der Zustand der Gewässer in der Schweiz dominiert die Problemsicht der Fischer

Verunreinigungen aus diffusen Quellen, Flussverbauungen und der Zustand der Gewässersohle sind die am stärksten wahrgenommenen Probleme der Fischerinnen und Fischer. Ein besonders wichtiges Anliegen ist ihnen die Renaturierung von Ufern inklusive Düngeverbot (87% Zustimmung). Gemäss der aktuellen Umfrage wird die Arbeit des SFV wird als gut beurteilt (7.2 auf einer Zufriedenheitsskala von 1 bis 10). Besonderes Gewicht legen die Befragten auf die politische Arbeit des Verbands (81 Prozent "sehr/eher wichtig"). Dem hohen Gewicht entsprechend besteht der Wunsch nach stärkerem politischen Engagement: 41 Prozent würden sich mehr politische Arbeit wünschen. Die Forderung nach mehr politischer Arbeit ist am stärksten unter Vereinsmitgliedern, Mitgliedern von Umweltorganisationen und Personen mit Freiwilligenarbeit.

Fischereivorschriften wie Schonzeiten, Mindestmasse und Fangzahlbeschränkungen sind von mehr als drei Vierteln der Befragten akzeptiert. Bezüglich Fischbesatz wird nur der Jungfischbesatz klar als nötig angesehen. Für Aus- und Weiterbildungen sind Fischereiverbände erste Anlaufstelle, 47 Prozent haben bereits einmal einen Kurs dort besucht. Mehr als die Hälfte der Befragten hält die Anforderungen des SaNa-Ausweises für angemessen. Knapp zwei Drittel wünschen ein Obligatorium für sämtliche Fischereiaktivitäten.

 

Aufgeschlossen gegenüber „Citizen Science“

Erstmals wurden die Fischerinnen und Fischer befragt, welches Potenzial sie dem Sammeln und Teilen von Daten zu Gewässern und Fischen beimessen. Diese sogenannten „Citizen Science“ hat für mehr als einen Viertel der Befragten grosses oder mittleres Potenzial (38%). Die Bereitschaft, in diesem Zusammenhang selber Daten zu sammeln ist gross (43%) und bei den 14- bis 39-Jährigen am grössten. Bezüglich der Erfassung der Fangstatistik zeigen sich die Befragten aber noch konservativ, der grösste Anteil bevorzugt nach wie vor den Postversand.

 

 

Infobox

 

Fischer haben ein positives Bild bei der allgemeinen Wohnbevölkerung

 

Gfs Bern hat nebst der Umfrage bei den Fischerinnen und Fischern auch die nicht-fischende Bevölkerung zur Hobby-Fischerei in der Schweiz befragt.

Die allgemeine Wohnbevölkerung kommt vor allem über den Verzehr von Fisch in Berührung mit dem Fischen. Daneben besteht ein überraschend breiter Bezug durch das private Umfeld (58%).

 

 

Rund ein Drittel der Befragten kann sich vorstellen, das Fischen auszuprobieren. Besonders hoch ist das Interesse dabei bei 18- bis 39-jährigen Befragten. Männer in der allg. Bevölkerung können sich klar häufiger vorstellen, Fischen zu probieren (44%), bei Frauen liegt der Anteil aber noch bei 28%. Bei der Gruppe mit dem grössten Interesse (18-39 Jahre) steigt der Anteil der Frauen mit Interesse aber auf 41%.

Bei den zwei Dritteln, die kein Interesse am Fischen haben, werden nebst allgemeinen Gründen und anderen Vorlieben fehlendes Interesse und tierethische Gründe gegen das Angeln ins Feld geführt.

Mehr als drei Viertel der Befragten haben ein positives Bild vom Fischen. In der Romandie ist die Meinung am positivsten. Die Bereitschaft, das Angeln selber zu probieren, fördert ebenfalls eine positive Haltung. In der Wahrnehmung der Bevölkerung überwiegt, dass sich Anglerinnen und Angler für die Umwelt einsetzen und tierschutzgerecht fischen. Relativ weit verbreitet (41%) ist jedoch noch die Ansicht, Fischer würden nach Trophäen streben.

Mit 82 Prozent Zustimmung wird das Argument "Fischer sind Naturliebhaber" am positivsten bewertet. Ähnlich weit verbreitet ist die Meinung, dass der Angelsport in der Schweiz tierschutzgerecht betrieben wird (78%). Die Meinung dazu ist seit der ersten Befragung von 1999 stabil geblieben (-2 Prozentpunkte). Der Beitrag der Fischerei zum Schutz natürlicher Lebensräume wird ebenfalls klar wahrgenommen (78%), ebenfalls der Einsatz gegen Pflanzenschutzmittel (71%).

Das Interesse an Gewässerschutzthemen ist in der Bevölkerung weit verbreitet und umfasst knapp drei Viertel. Der Informationsstand ist jedoch gering, eine Mehrheit von 62 Prozent fühlt sich schlecht oder eher schlecht informiert. Den tiefsten Wissensstand geben die 18- bis 39-Jährigen an. 45 Prozent der Befragten haben bereits einmal vom SFV gehört. Eine erhöhte Wahrnehmung zeigt sich unter Mitgliedern in Umweltorganisationen und Personen mit einer grundsätzlichen Bereitschaft, das Angeln selber zu probieren.

Stellungnahme des SFV zu den Umfrageresultaten

Der Schweizerische Fischereiverband nimmt mit Genugtuung Kenntnis von den Resultaten der Umfrage bei Fischerinnen und Fischern sowie in der Bevölkerung. Die organisierten und nicht-organisierten Fischer leisten viele Stunden Freiwilligenarbeit, tragen mit ihrem Hobby zur Wertschöpfung im Land bei, setzen sich für Natur- und Umweltschutz ein, sind mit der Arbeit des SFV mehrheitlich zufrieden und sind aufgeschlossen gegenüber neuen Tendenzen. Gleichzeitig helfen sie mit, eine Kulturtechnik zu bewahren und schätzen vor allem das Erlebnis in Natur und Umwelt.

Erfreulich ist die hohe Bereitschaft, sich aus- und weiterzubilden: Eine relative Mehrheit von 47 Prozent hat bereits einen Kurs zum Thema Gewässer/Fischerei besucht. Bezüglich Sachkundenachweis (SaNa) sind die Fischer ebenfalls positiv eingestellt: Die Anforderungen an den Sachkundenachweis werden überwiegend als gut betrachtet (54%). 10 Prozent wünschen sich aber umfassendere Ausbildungsbedingungen. Die Zufriedenheit mit dem aktuellen SaNa-Ausweis ist bei den jüngeren Befragten (14-39 Jahre) zwar klar mehrheitlich, liegt aber unter den Werten für Personen mittleren und fortgeschrittenen Alters. Interessant ist der Befund, dass knapp zwei Drittel der Befragten (63%) einen obligatorischen Sachkundenachweis befürworten für sämtliche Aktivitäten in der Schweiz, bei denen gefischt wird.

Differenzierte Problemwahrnehmung

Der Zustand der Schweizerischen Gewässer dominiert die Problemwahrnehmung der befragten Anglerinnen und Angler sowie der Abonnentinnen und Abonnenten. So werden Verunreinigungen aus diffusen Quellen, Verbauungen von Flussufern oder der Zustand der Gewässersohle mit klarer Mehrheit als sehr problematisch eingestuft. Eine knappe Mehrheit sieht auch den Betrieb von Wasserkraftwerken und Hindernisse für die Wanderung von Fischen als sehr problematisch an.

Fressfeinde und Verunreinigungen aus Punktquellen werden insgesamt als Probleme wahrgenommen, allerdings macht der Anteil "sehr problematisch" keine absolute Mehrheit mehr aus.

Das Verhalten von Anglern wird von einem Viertel der Befragten als sehr problematisch bewertet, weitere 37 Prozent beurteilen es als teilweise problematisch für die Fische. Überdurchschnittlich ist diese Wahrnehmung in der italienischsprachigen Schweiz vorhanden (76% sehr/eher problematisch). Ebenfalls haben die unter 40-Jährigen Angler mit über zwei Dritteln die kritischste Sicht auf ihre Kollegen. Eine Vereinsmitgliedschaft hat keinen Einfluss auf diese Wahrnehmung, Mitglieder wie auch Nicht-Mitglieder haben eine durchschnittliche Problemsicht.

Am problematischsten für die Fische wird das Anglerverhalten in der italienischsprachigen Schweiz beurteilt (76% sehr/eher problematisch). Vom Alter her ist die Sicht bei unter 40-Jährigen am kritischsten (69%). Vereinsmitglieder und Nicht-Mitglieder unterscheiden sich nicht relevant, beide Gruppen haben eine durchschnittliche Problemwahrnehmung.

Stärkeres politisches Engagement des SFV gefordert

Wegen der grossen Sorgen über den Zustand der Gewässer fordern die Fischer ein stärkeres politisches Engagement des SFV. Dieser Wunsch ist dem Verband Verpflichtung. Er zeigt auch, dass der SFV beispielsweise mit der Unterstützung der bereits zustande gekommenen Trinkwasser-Initiative und der Pestizid-Verbots-Initiative auf dem richtigen Weg ist.

Informationsverhalten als Herausforderung

Freunde und Verwandte sind die Hauptinformationsquelle (43%), wenn es um aktuelle Themen im Bereich Gewässer und Gewässerpolitik geht: Die Fachzeitschrift "Petri Heil" hat fast gleich grosse Relevanz (40%). Rund je ein Drittel nutzt die Informationen der Fischereivereine oder schweizerische Anglerforen im Internet. Offizielle Informationsstellen haben nur eine geringe Bedeutung, so werden die Homepage des SFV oder SKF und das Bundesamt für Umwelt nur von je knapp einem Zehntel genannt. Ähnlich gering werden internationale Anglerforen genutzt (12%). Andere Quellen wie verschiedene Printtitel oder Websites spielen kaum eine Rolle als Erstanlaufstelle für Informationen zum Thema Gewässer.

Im Informationsverhalten zeigt sich ein deutlicher Alterseffekt: Freunde und Verwandte sind gerade für junge Fischerinnen und Fischer (14- bis 39-jährig) überdurchschnittlich wichtige Ansprechpartner zu aktuellen Themen. Auch schweizerische Anglerforen werden von dieser Gruppe am häufigsten genutzt. Ältere Personen wenden sich dagegen am meisten an Fischereivereine. Die Homepage des SFV oder des Schweizerischen Kompetenzzentrums Fischerei SKF ist im Vergleich der Sprachregionen im Tessin praktisch nicht präsent. So nennen weniger als 10 Prozent der Befragten aus der italienischsprachigen Schweiz die Homepage als wichtige Informationsquelle.

Guter Rückhalt in der Bevölkerung

Erfreulich ist auch das Bild, welches die allgemeine Wohnbevölkerung von der Fischerei hat. Fischen wird von einem Fünftel als „sehr positiv“ und von mehr als drei Vierteln als „eher positiv“ angesehen. Darauf will der Verband aufbauen und auch künftig dafür sorgen, dass in der Schweiz korrekt und tiergerecht gefischt wird.