Kulinarik - Der Aal in der Küche

Der europäische Aal und seine Verwandten kommen in einem weitläufigen Verbreitungsgebiet vor, das sich überschneidet mit einer Vielfalt von Kulturräumen und Küchentraditionen. Wer sich für Fischkulinarik interessiert, darf sich beim Aal auf einen faszinierenden Reichtum von Traditionen, Gerichten und Geschichten freuen.

 

Schweiz

Im Binnenland Schweiz war der Aal nie sonderlich beliebt, obwohl er vor der Unterbrechung  seiner Wanderwege durch Kraftwerke im 20. Jahrhundert zu den häufigsten heimischen Fischen gehörte – ein Geschenk des Atlantiks sozusagen.

Während man im Mittelalter das fette, zarte Fleisch als  nahrhafte Kost schätzte, begegnete man dem Aal mit aufkommendem Wohlstand zunehmend abschätziger. Das schlangenartige Äussere, die dicke Schleimschicht und die aufwändigere Zubereitung passten je länger, desto weniger in die hübsche, saubere Betty Bossi-Küchenidylle. Aale landeten immer häufiger nicht mehr auf dem Teller, sondern im Schweinetrog oder auf dem Komposthaufen.

Im Zeitalter der Foodblogger und einem unersättlichen Appetit der Medien auf Authentisches und Einheimisches hätte der Aal heute wieder eine spannende Küchenkarriere vor sich. Doch mittlerweile gibt es ihn bei uns nur noch in ganz wenigen Gewässern in nennenswerter Zahl, und zwar dort, wo Besatzaale aus Deutschland in unsere Gewässer einwandern. Beispielsweise im Bodensee und im Einzugsgebiet des Hochrheins.  

In Deutschland gehört der Aal zu den gefragtesten und wertvollsten Fischen, nicht nur im Norden an der Küste, sondern auch in Bayern und Baden-Württemberg.

Die populärste Form ist geräucherter Aal. Gerne wird das fette, aromatische Fleisch mit Rührei oder als Aalbrötchen mit Zwiebeln und Gewürzgurken gegessen.

Frankreich

In Frankreich schätzt man das gehaltvolle Aalfleisch als Grundlage für aromatische Suppen oder Eintöpfe. Ein typisches Gericht ist die matelote, eine Suppe wie sie im ländlichen Norden Frankreichs mit verschiedenen Süsswasserfischen gekocht wird. Der Aal gilt dabei als unverzichtbare Krönung, weil er den Sud mit seinem aromatischen Fett und einzigartigem Geschmack anreichert.

Belgien

Aus Wallonien, dem französischsprachigen Teil Belgiens stammen gleich zwei bekannte Aalgerichte. Die Klosterstadt Chimay, berühmt für ihr Bier ist auch Heimat von escavèche, einer mittelalterlichen Konservierungsmethode, bei der man den Fisch brät und dann in einem Sud aus Essig und Kräutern einlegt.

Ein Gericht, dem man auch an der französischen Atlantikküste und in Holland in vielen Restaurants begegnet, ist anguille au vert. Der in Butter und Bier pochierte Aal wird mit einer grünen Sauce aus aromatischen Kräutern und Spinat angerichtet.

Italien

Der bisato wird besonders in der venezianischen Küche hoch geschätzt. Bisato in tecia ist geschmorter Aal mit Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, Weisswein und Kräutern, bisato in umido ist mit Essig, Knoblauch und Lorbeer gewürzter Aal aus dem Ofen. Beide Zubereitungen gehören zu den Klassikern der italienischen Küche.

Iberische Halbinsel

In Spanien und Portugal wird Aal wie viele andere Fische und Meeresfrüchte mit Vorliebe a la plancha zubereitet, also glühend heiss gegrillt auf einer Eisenplatte. An der Atlantikküste schätzt man den allgegenwärtigen Aal allerdings auch als nahrhafte Basis für Suppen und Eintöpfe.

Eine kulinarische Besonderheit sind die angulas. An den Flussmündungen der Atlantikküste nutzt man seit Menschengedenken die ursprünglich unermesslichen Schwärme von Glasaalen als Meeresfrüchte. Sie wurden Jahr für Jahr willkommen geheissen als Geschenk des Himmels. In einigen Regionen wird ihre Ankunft mit Festen und Gottesdiensten gefeiert. Das wohl bekannteste Fest, bei dem Glasaale eine zentrale Rolle spielen, findet in der baskischen Stadt San Sebastian statt. Die massive Abnahme der Fänge hat aus dem einst für alle erschwinglichen Street Food ein dekadentes Statussymbol werden lassen. Mit Preisen von bis zu 1000 Euro pro Kilo sind Glasaale in die Kaviarliga aufgestiegen.

England

London ist die «Kapitaale» eines Landes, in dem Aal seit Menschengedenken eine wichtige Rolle in der Küche spielte. In London war gekochter Aal seit jeher ein wichtiges Essen für die einfachen Leute – eel pie (Aalpastete) gehört ist uraltes street food. Im 19. Jahrhundert entstanden aus dieser Tradition die weiss gekachelten Pie & Mash Shops, wo gekochter Aal in seiner Sülze (jellied eel) mit Fleischpastete (pie) und Kartoffelstock (mash) serviert wurde und wird.

USA

In den Vereinigten Staaten findet man eine ähnliche Uneinigkeit in Bezug auf den Aal wie in Europa. Richtig geschätzt wird Aal in der Küche nur an der Ostküste – überall dort, wo die Franzosen einst siedelten. In Louisiana und Maine betrachtet man den Aal als Delikatesse, andernorts wusste man mit dem schleimigen Unding in der Küche nichts anzufangen. Das hat sich allerdings geändert, seit die japanische Küche und insbesondere Sushi populär geworden ist in den USA. Aal oder eben unagi gehört in der japanischen Küche zu den begehrtesten Zutaten und entsprechend stark hat sich die Nachfrage entwickelt. 

Asien

In China, Südkorea und vor allem in Japan gilt Aal als hoch geschätzte Delikatesse. Mit über hunderttausend Tonnen Verbrauch pro Jahr ist Japan weltweit der wichtigste Markt für Aal.

In Tokio und anderen japanischen Grossstädten gibt es spezialisierte Restaurants, die nur unagi servieren. Traditionsreiche Gerichte sind gegrillter Aal kabayaki und gegarter Aal auf Reis unadon. Vor allem für unakyu, Sushi mit mariniertem, gegartem Aal, werden surreale Preise gezahlt.

 

 

Dazu trägt die traditionelle Medizin bei. In Japan und in Korea schreibt man dem Aalfleisch vorteilhafte Eigenschaften für die Gesundheit zu. Aal gilt als Superfood. Traditionell isst man Aal bewusst im Hochsommer, um fit zu sein in der kalten Jahreshälfte.

Der immense Appetit auf Aal in Asien überstieg schon vor Jahrzehnten die natürlichen Ressourcen des Japanischen Aals (Anguilla japonica). Der enorme Bedarf wurde mit Importen von europäischen Glasaalen gestillt. Dieser Handelsweg ist offiziell seit 2007 durch strikte Schutzmassnahmen unterbunden. Dieses Verbot wird allerdings missachtet. Es hat sich ein krimineller Schwarzmarkt mit verführerisch hohen Gewinnen etabliert, der alle Bemühungen zur Rettung des Aals gefährdet.

Videos

Norddeutsche Aalrezepte

https://www.ndr.de/ratgeber/kochen/rezepte/rezeptdb252.html

 

Matelote de l'anguille

https://www.youtube.com/watch?v=05epj72Mwi8

 

Anguilles au vert

https://www.youtube.com/watch?v=jYRfAVPTfAQ

 

Le anguille di Sile

https://www.youtube.com/watch?v=iq5FuFYLGkE

 

Pie, Mash, and Jellied Eels at one of London's oldest 'Fast Food'-Restaurants

https://www.youtube.com/watch?v=tAecgK1Xr1I

 

F.COOKE: London's oldest Pie and Mash shop

https://www.youtube.com/watch?v=693SKamP81I

 

Aal in der japanischen Küche

https://www.youtube.com/watch?v=IfhuYqYIZpE

 

Unagi Sushi

www.youtube.com/watch

 

Unagi Kabayaki

https://www.youtube.com/watch?v=uen6dVleCTs